Vergleichsportale im Internet: Marktwächter prüfen Anbieter
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20.10.2018, 13:45 Uhr (4907x gelesen)
Nahezu jeder Internetnutzer kennt sie: Vergleichsportale, die mithilfe weniger Angaben den besten DSL-Tarif, den passenden Stromanbieter oder einen günstigen Virenschutz für die persönlichen Ansprüche ermitteln möchten. Bei Internetrecherchen zu verschiedenen Produkten, Tarifen und Anwendungen tauchen in den Suchergebnissen meist gleich mehrere einschlägig bekannte oder branchenspezifische Vergleichsportale auf, die Hilfe bei der Suche nach dem passenden Produkt oder der besten Dienstleistung anbieten.
Tatsächlich klingt es verlockend, dass man mit der Angabe weniger Eckdaten, die die individuellen Bedürfnisse näher bestimmen sollen, per Metasuchmaschine innerhalb weniger Sekunden zahlreiche Internetseiten nach Angeboten durchsuchen lassen. Der Nutzer erhält eine meist sehr übersichtliche Liste mit mehr oder weniger umfangreichen Details zu seiner Suchabfrage und hat damit bereits ein Grundgerüst für die eigenen Entscheidungsfindung vor Augen.
Es ist schon richtig, dass eine eigene Suche auf derart vielen unterschiedlichen Angebotsseiten nicht nur extrem zeitaufwendig, sondern auch kaum möglich ist. Deshalb greifen viele Internetnutzer immer wieder gerne auf Vergleichsportale zurück. Aber wie verlässlich sind die Ergebnisse, die dort in sekundenschnelle präsentiert werden? Suchen Vergleichsportale tatsächlich vollkommen unabhängig und zumindest mit einem gewissen Anspruch auf Vollständigkeit die besten Angebote aus den unergründlichen Weiten des World Wide Web?
In der letzten Zeit sind vermehrt kritische Stimmen laut geworden, die den Vergleichsportalen vor allem im Hinblick auf Unabhängigkeit an den Kragen wollen. Jetzt sind auch Verbraucherschützer auf die Thematik aufmerksam geworden und sorgen durch genaue Untersuchungen dafür, dass die Europäische Union vermehrt Druck auf Vergleichsportale ausübt.
Deutsche Marktwächter „Digitale Welt“ gehen in die Offensive
Das Internet scheint ein nahezu grenzenloser Raum zu sein, in dem Kontrollmechanismen nicht richtig greifen. Ganz stimmt das aber glücklicherweise doch nicht: Verbraucherschützer haben inzwischen zahlreiche Kontrollmechanismen und Aufsichtsgremien ins Leben gerufen, die auch im Internet für die Sicherheit von Verbrauchern sorgen, die vor vielfältigem Missbrauch schützen sollen.
Der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände leistet mit den Marktwächtern Digitale Welt einen Beitrag zu mehr Sicherheit und Verbraucherschutz im Internet. Die Instanz wurde eingerichtet, um der Verbraucherzentrale die Möglichkeit zu geben, Aktivitäten im Internet und den gesamten digitalen Markt aus der Sicht von Verbraucherschutzinteressen zu beobachten und zu analysieren. In die Analysen und Bewertungen der Marktwächter Digitale Welt fließen Erkenntnisse und Informationen ein, die die Verbraucherzentralen in ihren über 200 regionalen Niederlassungen durch die Arbeit mit Verbrauchern und den unterschiedlichen Bereichen des digitalen Marktes gewinnen.
Auch Vergleichsportale stehen hier immer wieder auf dem Prüfstand und schneiden dabei nicht immer gut ab. Deshalb startete der Marktwächter Digitale Welt bereits im Sommer 2016 eine großangelegte Offensive, die Verzerrungen in den angeblich unabhängigen Empfehlungen der Verbraucherportale aufdecken und die Betreiber gleichzeitig zu mehr Transparenz zwingen sollen.
Dabei wurden 27 bekannte Portale unter die Lupe genommen, die Verbraucher vorgeblich vollkommen unabhängig und individuell im Bereich Strom und Gas, Telekommunikation oder Flugpreise beraten. Vor allem die großen und namhaften Vergleichsportale, die immer wieder mit ihren Zertifizierungen und Auszeichnungen werben, wiesen dabei deutliche Mängel auf, so die Verbraucherschützer.
Auf der Basis der durchgeführten Untersuchung fordert die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) jetzt mehr Transparenz für das Geschäftsmodell der Vergleichsportale. Vor allem im Hinblick auf die Finanzierungsmodelle sollen Verbraucher besser informiert werden, damit sich mögliche Verzerrungen leichter erkennen lassen. Aber auch den Gesetzgeber sehen die Verbraucherschützer hier durchaus in der Pflicht, denn bislang gibt es keine ausreichenden gesetzlichen Rahmenbedingungen, die sicherstellen, dass Verbraucherportale tatsächlich individuelle Beratung und keine auf Provisionszahlungen und Geschäftsbeziehungen basierende Werbung liefern.
Um den Kernproblemen Einhalt zu gebieten und Verbraucher besser vor ungünstigen Tarifentscheidungen zu schützen, schlagen die Verantwortlichen der Verbraucherzentrale Bundesverband beispielsweise vor, die Bezeichnung „Vergleichsportal“ rechtlich schützen zu lassen und die Namensvergabe an strenge Richtlinien und Zertifizierungsgrundlagen zu koppeln. Vor allem in Bereichen wie Immobilienkrediten oder Versicherungen, die mit einer Existenzabsicherung verbunden sind, sehen Experten dringenden Handlungsbedarf, da Verbraucher hier auf der Basis unzureichender oder sogar verzerrter Empfehlungen finanzielle Entscheidungen treffen, die langfristige Auswirkungen auf die persönliche Finanzsituation und in Einzelfällen sogar auf die Sicherung der Existenz haben können.
Darüber hinaus fordern Verbraucherschützer vom Gesetzgeber ein vollumfängliches Provisionsverbot für Vergleichsportale. Eine umfangreiche Darstellung der Untersuchungen rund um Vergleichsportale und die daraus resultierenden Forderungen und Empfehlungen von Verbraucherschützern können Nutzer sich kostenlos auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Bundesverband herunterladen.
Große Vergleichsportale in der Kritik
Wer eine Internetsuche nach dem günstigsten Handytarif, dem besten Flugpreis oder dem attraktivsten Stromanbieter durchführt, kommt in der Ergebnisliste an großen Vergleichsportalen wie Verivox oder Check24 nicht vorbei. Es mag überraschen, dass gerade die beiden großen Anbieter der digitalen Vergleichsportale bei der Offensive der Verbraucherschützer wenig überzeugen konnten. Die Kritikpunkte, die die Verbraucherschützer herausgearbeitet haben, lassen sich auf wenige Kernprobleme eingrenzen:
- Zu viele vor allem kleinere Tarife finden bei den Vergleichen keine Berücksichtigung. Deshalb können Verbrauchern wirklich günstige Optionen entgehen, weil einzelne Tarifanbieter keinen ausreichend großen Marktanteil aufweisen, um in die Vergleichsanalyse mitaufgenommen zu werden. Die großen Anbieter erscheinen im Ranking meist auf den oberen Plätzen, dabei sind hier längst nicht immer die besten Tarife zu holen.
- Die unterschiedlichen Provisionen, die Anbieter Vergleichsportalen bezahlen, bleiben Verbrauchern verborgen. Hier fehlt es besonders an Transparenz.
- Sehr viele verschiedene Anbieter gehören zu gemeinsamen Unternehmensgruppen. Ein unabhängiger Marktvergleich ist an dieser Stelle also kaum möglich.
- Die einzelnen Vergleichsportale weisen sehr große Preisunterschiede bei ihren Tarifangaben auf. Eine realistische und vergleichbare Abbildung des digitalen Angebotsmarktes findet also nicht statt.
- Der größte Kritikpunkt aber, den Verbraucherschützer im Rahmen ihrer Analysen aufgedeckt haben, liegt in der Tatsache, dass Nutzer mit einem Versprechen geködert werden, das in vielen Fällen gar nicht eingehalten wird. So basiert der Erfolg von Vergleichsportalen vor allem darauf, dass sie Nutzern versprechen, ihnen Tarife anbieten zu können, die zu so günstigen Konditionen auch beim Anbieter selbst nicht erhältlich sind. Dadurch sollen Nutzer dazu bewegt werden, einen Tarif direkt über das Vergleichsportal abzuschließen. Die Beobachtungen des Marktwächters Digitale Welt haben aber ergeben, dass die günstigsten Tarife keineswegs immer über ein Vergleichsportal erhältlich sind. In vielen Fällen hätten Verbraucher noch günstigere Angebote wahrnehmen können, wenn sie direkt beim Anbieter gebucht hätten. Vor allem bei Flugpreisen großer und renommierter Airlines war dies häufig der Fall. Hier sollten Verbraucher den Experten zufolge nicht allein auf Vergleichsportale setzen, sondern ruhig einen zusätzlichen Blick auf die Internetseite des Fluganbieters selbst werfen.
Deutlich besser scheinen kleinere und eher unbekannte Vergleichsportale wie zum Beispiel der Kfz Versicherung-Vergleich von autoversicherung-vergleich.info abzuschneiden. Hier werden nicht nur häufig detailliertere Nutzerinformationen abgefragt, die eine genauere und bedarfsorientiertere Analyse ermöglichen, auch der Wettbewerb der gelisteten Anbieter um einen hohen Platz im Ranking ist bei kleineren Vergleichsportalen weniger stark, die Provisionszahlungen ausgeglichener.
Eine weitere Ausnahme bei der Kritik, der sich die großen Anbieter im Bereich der Vergleichsportale ausgesetzt sehen, bilden übrigens Vergleiche zu Strom- und Gasanbietern. Hier haben Verbraucherschützer wenig an den Analysen und Angeboten der großen Vergleichsportale zu bemängeln gehabt.
Betreiber von Vergleichsportalen zeigen ungläubiges Staunen
Wie reagieren nun die Betreiber von Vergleichsportalen selbst, wenn sie mit der nicht geringen Kritik der Verbraucherschützer konfrontiert werden? Vielfach herrscht ungläubiges Staunen über die schlechten Ergebnisse, die die Analysen und Bewertungen hervorgebracht haben. Wie der Tagesspiegel Online berichtete, sehen Vergleichsportale nach eigenen Angaben ihre Aufgabe vornehmlich darin, die Undurchsichtigkeit und Unübersichtlichkeit digitaler Märkte für Verbraucher transparenter zu gestalten.
Dagmar Ginzel, die Sprecherin von Verivox, betonte, man sei seit 18 Jahren darum bemüht, eben jene Aufgabe gewissenhaft zu erfüllen und habe deshalb längst sämtliche Provisionszahlungen der einzelnen Anbieter gegenüber dem Bundeskartellamt offengelegt.
Der Hauptkonkurrent von Verivox, Check24, ging sogar noch einen Schritt weiter und wies die Vorwürfe und Kritikpunkte der Verbraucherschützer nicht nur entschieden zurück, sondern kritisierte im Gegenzug die Analysemethoden und Kontrollmechanismen der Studien, die die umfangreiche Kritik hervorgebracht hatten. Vor allem im Bereich Telekommunikation wie zum Beispiel bei Handyverträgen und DSL-Tarifen sei die Analyse nicht repräsentativ.
Tipps für die Nutzer
Die Kritik an manchen Vergleichsportalen bedeutet aber nicht, dass Verbraucher lieber ganz die Finger von Vergleichsportalen lassen sollten: Die angebotenen Dienstleistungen können durchaus Vorteile bringen und helfen dabei, sich bei den Preisen orientieren zu können. So bieten Vergleichsportale zumindest einen guten ersten Überblick über verschiedene Anbieter und können damit eine gute Grundlage für weiterführende Recherchen bieten.
Darüber hinaus lassen sich über Vergleichsportale durchaus immer wieder gute Angebote und Konditionen herausfiltern, denn die Provisionszahlungen, die die Vergleichsportale von den im Ranking berücksichtigten Anbietern erhalten, werden häufig zu einem gewissen Anteil an die Verbraucher weitergegeben, zum Beispiel in Form von Sonderkontingenten und tatsächlich besonders günstigen Tarifen.
Internetnutzer sollten Vergleichsportale bei ihrer Recherche also nicht gänzlich außen vor lassen, sondern sie vielmehr als Ausgangspunkt für weiterführende Vergleiche sehen. Die Top-Angebote anschließend auf der Internetseite des Anbieters noch einmal zu überprüfen, kann allerdings nicht schaden und wird von Verbraucherschützern ausdrücklich empfohlen.
*Bei den genannten Links handelt es sich um Sponsor-Links: Bei einem Einkauf zahlt der Anbieter eine Provision an Computerhilfen – der Preis ändert sich dadurch nicht!
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