Hobbyheimwerker

Manche Leute heißen ja Herr Boch. ziehen neben-
an ein und tapezieren ihre ganze Wohnung selber.
Dann kommen sie hurtig auf ein Willkommens-
bier rüber. erzählen, dass sie Herr Boch heißen,
und wollen wissen, ob man einen "Dreizehner-
schlüssel" habe.
Wenn man dann keinen Dreizehnerschlüssel hat
(was ist ein Dreizehnerschlüssel?), rufen Leute
wie Herr Boch: "Haha, gar nicht schlimm! Ich
hab einen dabei!" Und dann geht Herr Boch los
und entlüftet mit seinem Dreizehnerschlüssel alle
Heizkörperund schmirgelt ungefragt die Küchen-
tür ab, dass es eine Freude ist.
Dabei trinkt Herr Boch dann auch mal gerne ein.
zwei Kästen Hefeweizen, rülpst und sagt alle
zwölf Minuten: "Die Axt irn Haus erspart den
Zimmermann". So machen das Hobby-Heimwerker
wie Herr Boch.
Hobby-Heimwerker erkennt man außerdem
daran. dass sie zu Hause immer in blauen Latzho-
sen und mit blauen Fingerkuppen herumlaufen
und "Das machen wir schon!" sagen. Außerdem
schnarchen Hobby-Heimwerker. Das macht das
viele Sägemehl in den Atemwegen.
Wenn ein Hobby-Heimwerker einen Nicht-Hob-
by-Heimwerker trifft, dann sagt er so Sachen wie:
"Du, wenn du die Eckventile da hinter die Ver-
kleidung montierst, dann kannst du die Wasser-
leitungsverlängerungselemente samt Schrumpf-
muffe hinter die Feuchtraumgipswand legen und
deine Dusche tropft nicht mehr so blöd."
Ich hasse Hobby-Heimwerker. Als Herr Boch
noch nicht neben uns wohnte, waren wir glücklich
und ließen unsere Wosserhähne tropfen. Manch-
mal riefen wir auch einen Klempner. Aber dann
kam Herr Boch! Herr Boch trank drei Weizenbier
und erklärte uns, dass alle Klempner fiese, Blut
saugende, geldgierige Geier seien und dass er
"das schon machen" werde.
Dann schleifte mich Herr Boch in einen Heim-
werkermarkt. Heimwerkermärkte sind, wie man
weiß, nur für uns Männer zugelassen. Für Frauen
sind sie tabu. Don leben nämlich Männer, die sich
Baumarktleiter nennen und den ganzen Tag lang
über "Schrumpfmuffen", "Fuffziger-Rohre" und
"45-Grad-Winkelstücke" debattieren. Mit ande-
ren Worten: Jungs.
Wenn man nicht aufpasst, schwatzen diese Jungs
einem dann im Handumdrehen das "Feuchtraum-
gipskanonplattensystem Profi f" auf, und man
findet sich, ehe man sich 's versieht, kniend vor
seiner heimischen Badewanne wieder, wo man
zusammen mit dem Hobby-Heimwerker seines
Vertauens (mit Herrn Boch zum Beispiel) das
frisch erworbene Steck- und Muffensoniment
"Profi Siffon" falsch anbringt.
Dann ärgert man sich erst ein bisschen (nicht zu
arg, weil: "Das kann dem besten Profi mal passie-
ren. Das machen wir schon!"), und danach reißt
man alles wieder auf, zerbricht dabei einen Vie-
rersatz Normf1iesen (die Sorte, die es seit 1974
nicht mehr passend nachzukaufen gibt) und
schlägt wahlweise ein "Eckventil" oder eine "Ab-
sperramatur" kaputt.
Danach ruft man einen Klempner. Das hätte man
natürlich auch schon gleich zu Anfang tun kön-
nen, aber dann wäre das alles billiger geworden.
Außerdem: Heimwerken lohnt sich alleine schon
deshalb, weil man dabei dauernd "Schrumpfmuf-
fe" sagen darf.
Morgen um zwölf will Herr Boch ("Das machen
wir schon!") mir zeigen. wie ich unsere Esszim-
merlampe ohne Profihilfe mit einem "Dimmer"
ausstatten kann. Ich habe einen Kasten Weizen-
bier gekauft, Brandsalbe besorgt und schon jetzt
meine blaue Latzhose rausgelegt. Für 14 Uhr hab
ich den Elektriker bestellt.
Es ist schön. wenn man Männer kennt. die alles
können!
Frank M. Ziegler