Warum immer auf Microsoft schimpfen?
Es gab eine Zeit, in der viele Computersysteme gab. Untereinander
höchstunkompatibel in Benutzerführung, Hardware und Programmierung.
Wang, Tandem, IBM, Nixdorf, Kienzle, Siemens, Commodore, Atari,
Apple, Sinclair, Osborne, Schneider u.v.m.
Vor einigen Jahren, es gab Datex-P, X.25 und einfache Mailboxen
(sprach man mit der Verwandschaft darüber, so meinten sie ein
Behältnis in der Küche) mit Akustikkopplern und ein paar illegale 300
Baud-Modems. Wollte jemand die relativ hohen Sicherheitshürden im
Datex-P und X.25 (Banken, Versicherungen und Behörden verwendeten
diese Verbindungen in der Hauptsache, selten mal ein
mittelständisches Unternehmen, Privatpersonen schon gar nicht),
musste man ein relativ hohes Fachwissen haben. Sehr wenige
Netzwerkspezialisten bei der Deutschen Bundespost und in den
entsprechenden Firmen hatten dies. Natürlich auch einige Studenten an
Unis. Wollte man solche Verbindungen ausspionieren, musste man an
entsprechenden Schlüsselposition sitzen und vor allem technisches
Equipment in Preisklassen von einem gehobenen Mittelklassewagen
verwenden. Natürlich gab es auch Staatliche und ausländische Dienste
die diese Techniken nutzen konnten. Nicht jedoch Kreti und Pleti.
Heute haben bereits Gymnasiasten und Realschüler das Wissen. Die
Technik, ein Notebook mit WLan-Karte, kostet bei Plus 999 Euro. Die
Programme lassen sich aus dem Internet besorgen. Zugang findet man
in der Nähe fast jeder Firma - ob sie mit sicherheitsrelevanten Daten
arbeitet oder nicht, bei noblen Kanzleien, die die als Geschäftsitz
genutzte Jugendstilvilla nicht mit einer komletten Cat-5 Verkabelung
verschandeln will, bei Privatpersonen wie Ihnen und mir. Bei den
meisten zählt bei der Netzwerkinstallation das wichtigste Kriterium.
Plug and Play. Warum, wenn alles sofort funktioniert, sich noch mit
so merkwürdigen Böhmischen Dörfern wie "Firewall", "PGP",
"Verschlüsselung" etc. abgeben?
Wenn dann etwas schief geht ist ja Microsoft daran schuld.
Bei Autos lernte man schon vor über einem halben Jahrhundert das
Lenkradschloss einzurasten und abzuschliessen. Seit 10 Jahren haben
diese auch noch eine Wegfahrsperre und manchesmal noch ne
Alarmanlage. Beim Computer ist man zufrieden wenn er "fährt". Den
"Schlüssel" lässt man "stecken", "Alarmanlage und Wegfahrsperre" wird
schon gar nicht eingebaut, selbst wenn sie kostenlos beiliegt. Wenn
dann der Computer von einem Crash-Kid an die Wandgefahren wurde, ist
der Autohersteller oder die Tankstelle daran schuld.
Das Bewusstsein der heutigen Computernutzer ist auf einem niedrigen
Stand, wie das der ersten PKW-Fahrerin Berta Benz.
Auch Linux oder die Apple-Computer werden daran nichts ändern. Ihr
grosser "Sicherheitsvorsprung" liegt nur an der geringen Verbreitung
bzw. den etwas besseren System-Kentnissen der Nutzer.
Vor ein paar Tagen kam ein Nachbar auf mich zu und schwärmte von seinem
neuen DSL-Anschluss den er mit WLan-Hardware geliefert bekam: sein
Apple konnte sofort ins Internet, auch mit dem Discounternotebook der
Tochter war es kein Problem Verbindung aufzunehmen. Auf meine Frage
nach Firewall und Verschlüsselung schaute er mich nur gross an. "So
geheime Daten habe er nicht auf seinem Rechner. Und wer soll bei mir
schon einbrechen." Leider ist diese Einstellung weitverbreitet. Sogar
in den Chefetagen von Firmen die nur den kostengünstigen Aufbau eines
Netzes für 3 oder 4 Clients sehen (Im Gegensatz zu einer teuren
Gebäudeverkabelung und der zusätzlichen Anschaffung eines Switches
und einer Firewall.
Sehen Sie sich mal in Ihrem direkten Bekanntenkreis (nicht unter
Computerfreaks und Informatikstudenten, sondern bei Ihrer Nachbarin
die im WWW hauptsächlich chatet und Ihrem Onkel der bei e-bay
regelmässig nach einem neuen Messer für seinen Rasenmäher sucht) und
fragen sie, wieviele regelmässig einen aktuellen Virenscan laufen
lassen, eine Firewall im Einsatz haben und auf ihren Browsern
Spielereien wie Java, ActivX etc. deaktiviert haben. Alle legen Sie
auch Wert darauf, dass der Rechner, egal ob bei Aldi oder
PC-Fachgeschäft gekauft, "Plag änd Plei" funktioniert. Sollte mal ein
Problem auftreten, möchten sie sofortige, notfalls telefonische
Unterstützung vom benachbarten Elftklässler, wenn der nicht
erreichbar ist, vom ehemaligen Arbeitskollegen oder wer auch immer
gerade zur Hand ist. Dies ist nur mit einem Standard wie z.B. Windows
und Office möglich. Haben Sie schon mal die Reaktion eines
ungeduldigen Rentners erlebt, der mit seinem Video-Creator Probleme
bekam, und Sie antworteten ihm, dass sie sich hauptsächlich mit Adobe
Premiere auskennen und somit telefonisch nicht sofort helfen können?
Dann ist sogar die Zeit von der Arbeit bis zum Besuch nach Feierabend
unzumutbar lange.
In diesem Sinne