Hochrichterlicher Krawatten-Krawall
Von Willi Berg. (RNZ vom 30.10.08)
Mannheim.
Eine Justizposse sorgt derzeit für Gesprächsstoff unter Mannheimer Juristen. Grund ist der zweimalige Ausschluss eines Anwaltes durch einen Amtsrichter. Der 42-Jährige hatte sich geweigert, während der Verhandlung eine Krawatte anzulegen. "Ich trage seit Jahren keine, weil ich mich dadurch extrem beengt fühle und mich nicht konzentrieren kann", sagte der Mannheimer Anwalt Christoph Saeftel. Dies sei noch nie moniert worden, auch nicht von Richtern mehrerer Oberlandesgerichte. "Niemand fühlte sich provoziert." Und: "Es gibt keinen sachlichen Grund, das Tragen einer Krawatte zu verlangen."
Ganz anders sieht dies Amtsrichter Johannes Jülch. Es sei wichtig, dass sich Anwälte von Angeklagten unterscheiden. Letzte Woche schloss der Richter einen weiteren Anwalt aus, weil der einen Rollkragenpullover unter seiner Robe trug.
Offenbar schwelt der Konflikt zwischen Jülch und Saeftel seit Monaten. Bereits im Sommer verlangte der Richter in einem Prozess, dass Saeftel künftig mit einer Krawatte erscheint. Ansonsten werde er ihn von dem weiteren Verfahren ausschließen. Für Saeftel eine reine "Schikane", weil er zuvor einen Befangenheitsantrag gestellt habe. Saeftel stellte daraufhin einen weiteren Antrag, dem auch stattgegeben wurde. Die Unvoreingenommenheit von Jülch sei nicht mehr gegeben, befand eine Richterkollegin. Bei Saeftels Mandanten habe der Eindruck entstehen können, dass sich "der mit dem Verteidiger ausgetragene Konflikt" zu dessen Nachteil auswirke. Und: Dem Richter hätte in Bezug auf die Krawatte ein "gewisser Beurteilungsspielraum" offengestanden. Der ordnungsgemäße Prozessablauf sei "allein aufgrund der Kleiderfrage nicht gefährdet" gewesen.
Doch Richter Jülch bleibt bei seiner Auffassung. Vor kurzem schloss er Saeftel von zwei Prozessen aus. Wieder hatte der sich geweigert, eine Krawatte zu tragen. Das Angebot eines Kollegen sowie des Gerichtspräsidenten, einen Binder auszuleihen, lehnte er ab.
"Das ist eine Frechheit", kommentiert Saeftel seinen Ausschluss und spricht von "Machtspielchen". Amtsrichter Jülch hält dagegen: "Ich halte mich an Gesetz und Tradition". Er beruft sich auf eine Landesverordnung des Justizministeriums über die Amtstracht bei den ordentlichen Gerichten aus dem Jahre 1976. Demnach müssten Anwälte unter ihrer Robe ein Hemd und eine Krawatte in einer dezenten Farbe tragen. Saeftel verweist dagegen auf die Berufsordnung für Rechtsanwälte. Darin sei festgelegt, dass Anwälte zwar eine Robe vor Gericht anlegen müssen. Was sie darunter tragen, sei jedoch nicht vorgeschrieben.
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