Karneval ist gut
Die Massen strömen in die Stadien oder vor den heimatlichen Fernseher. Wer gute Freunde hat, eine geeignete Wand mitsamt Beamer und eine Bierzapfanlage, hat just in diesem Moment sein erstes, gutgekühltes Bier vor sich stehen. Die Welt hält ein weiteres Mal den Atem an und wird zu einer auf sich selbst verschworrenen Gemeinschaft. Alles was jetzt noch zählt, sind grüner Rasen, Tor und Ball, letzteres am besten eng miteinander verbunden. Nichts ist mehr von Belang, nichts interessiert an diesem Nachmittag, an dem Deutschlands Nationalmannschaft um Einzug in die nächste Runde kämpft.
Diejenigen, welche nicht dem Fieber verfallen sind, sitzen oder stehen im Abseits, unbeachtet und - zumindest temporär - vergessen. Vollkommen unbeachtet und - zumindest temporär - vollkommen vergessen. Unsichtbar und vogelfrei bräuchten sie sich für diesen Nachmittag keine komplizierte Ausrede einfallen lassen, um dieses oder jenes zu tun, zum Beispiel unter einem fremden Leib zu wimmern und zu keuchen, in fremden Laken, auf sonnigen Wiesen, auf dem Rücksitz eines im Schatten geparkten Wagens, am Ufer eines Sees, auf dem eigenen Teppich vor dem eigenen Bett. Und sie müssten sich dazu weder bunt anmalen, noch reichlich Alkohol trinken oder nervtötende Stimmungsmusik über sich ergehen lassen. Sie müssten nur die Türe öffnen und es tun, dieses oder jenes.
Karneval ist gut. Die Fussballweltmeisterschaft ist besser.
Na, dann mal los. Dienstag ist es wieder so weit.