Hallo an alle HP 62xx/64xx/82xx-Besitzer.
Der Fehler bei der 62xx/64xx und 82xx-Serie liegt eindeutig unter dem Touchpad bzw. der WLAN-Karte, dort befindet sich die Southbridge (Intel 82801).
Ich habe selbst 11 Stück dieser HP-Notebooks (NC8230/NC8240/NW8240/NC6400), einige davon habe ich mit den
üblichen Fehlern gekauft und repariert (die reparierten Rechner laufen jetzt schon länger als 3 Jahre völlig problemlos und das bei täglichem Gebrauch).
Der Mainboardhersteller hat beim Layout bzw.bei
der Plazierung der Bauteile einen folgenschweren
Fehler gemacht (bei sämtlichen Modelle hat man jahrelang die Mainboards getauscht ohne das vielleicht mal jemand
über eine Lösung nachgedacht hat, nach dem Tausch tritt der Fehler natürlich innerhalb kürzester Zeit wieder auf, dabei gibt es eine ganz simple Möglichkeit den Fehler abzustellen).
Die Southbridge ist nur an den Kanten mit einer Art Heisskleber am Mainboard fixiert, das sollte wohl defekte Lötstellen unter dem Chip (ist ein sogenannter
"BGA"= Ball Grid Array) verhindern, leider wird hier genau das Gegenteil erreicht.
Gründe:
Unter dem Chip gibt es über 500 Lotkugeln, die Anordnung
ist hier das Problem.
Es sind 7 Reihen a' 27 Lotkugeln vom Rand nach innen angeordnet, es folgt ein 3 Reihen breiter freier Bereich, in der Chipmitte gibt es noch eine "Insel" mit Lötkugeln und hier liegt das erwähnte Problem.
Durch die WLAN-Karte über dem Chip musste man wohl auf
eine Kühlmöglichkeit verzichten, das ist fatal, wegen der
direkt über dem BGA liegenden WLAN-Karte wird die Southbridge natürlich noch heisser (die Abwärme staut sich und kann nicht durch Luftzirkulation im Gehäuse abtransportiert werden), der BGA ist aber wie erwähnt an
den 4 Kanten durch Kleber am Mainboard fixiert.
Wird das Bauteil heiss will es sich natürlich ausdehnen,
dass kann es aber wegen der Klebepunkte nur nach oben
(es wird also einfach ausgedrückt versuchen eine gewölbte Form anzunehmen), wie oben beschrieben gibt es in der Bauteilmitte aber nur einige wenige Lötstellen die diesem enormen Druck (oder besser gesagt "Zug") standhalten müssen.
Das wäre ja noch nicht so schlimm, aber jeder der schon mal die HP-Notebooks ausgemacht und zugeklappt hat kann sicher bestätigen das man das Teil immer mit der Hand in
Touchpadhöhe greift wenn man es transportieren will.
Dieser Griff biegt das Notebookgehäuse und damit die Leiterplatte ( genau da sitzt der schön aufgeheizte/gewölbte BGA) die Lötstellen klatschen jetzt vor Freude
sicherlich in die Hände.
Na meine sehr geschätzten Entwickler bei HP dumm gelaufen, oder ?
Die Lötkugein werden durch den Stress beim Erwärmen und Abkühlen spröde und dann förmlich auseinandergerissen, der mechanische Stress durch den Transportgriff kommt dann noch dazu und die dabei entstehenden Brüche und Mikrorisse erzeugen dann das typische Fehlerbild (durch Druck auf die Handballenablage das Touchpad oder die Gehäuseunterseite scheint der Rechner wieder zu funktionieren, das Verwinden des Gehäuseunterteils klappt manchmal auch), der Fehler wird dadurch aber auf Dauer nur schlimmer.
Lösung:
Nur durch qualifiziertes Fachpersonal mit der entsprechenden Ausrüstung ist die Reparatur möglich, alles andere macht die Sache nur schlimmer oder endet
in einer völligen Zerstörung der Southbridge oder umliegender Bauteile (hier werden besonders gerne die
Kunststoffteile und Isolationsfolien geschmolzen).
Rechner komplett zerlegen und Motherboard raus, es gibt da sehr gute Anleitungen im Netz wenn man nach Service-manuals sucht, ohne Anleitung ist jeder Versuch sinnlos
und ergibt jede Menge gebrochene Kunststoffteile übrig gebliebene Schrauben usw.
Die Klebepunkte unter den BGA-Ecken mit einem speziellen
Zahnarztwerkzeug (das Teil mit dem der Zahnarzt so gerne in den Zähnen rumpiekt, das Ding ist in der Profiausführung aus Edelstahl und unglaublich stabil)
vorsichtig - und ich meine wirklich vorsichtig - aber mit Kraft herausziehen, der Kleber muss dabei in einem Stück bis zur Ecke brechen und lässt sich dann komplett
unter dem Chip hervorziehen und mit der Pinzette wegnehmen.
Das Ganze macht man an allen 4 Ecken ohne umliegende Bauteile oder Leiterbahnen zu zerstören (ich sag nur üben, üben, üben).
Southbridge mit Kaptonband (speziell für die Elektronikindustrie hergestelltes hitzebeständiges Abklebeband das Temperaturen bis 400° für ca. 60 Sekunden aushält) rund um das Chipgehäuse auf dem Mainboard abkleben, dabei eine Art Wanne erzeugen, den Chip mit hochreinem Alkohol (Isopropanol) fluten und mit
trockener/ölfreier Druckluft (auf keinen Fall einen Baumarktkompressor verwenden) den Alkohol unter dem Chip durchblasen, den Vorgang mit ca. 3-4 bar mehrfach wiederholen um Schmutz/Flussmittelreste und natürlich
die Kleberreste zu entfernen.
Bei diesem Vorgang entstehen rund um die Lötkugeln (Balls) Inseln aus Flussmittelresten (mit einem Spezialendoskop kann man die Reste als weisse Ringe
erkennen), diese Reste müssen mim einem ACETON-Spülgang
entfernt werden, die Reste nehmen sonst später die Luft-
feuchtigkeit auf und erzeugen tolle Effekte.
Die Platine muss jetzt für ca. 1/2 Stunde bei 80° in einen Wärmeschrank (auf keinen Fall in einen Backofen),
Nochmal mit der Druckluft durch den Trockenvorgang gelöste Teilchen ausblasen (diese Reinigung ist unbedingt erforderlich sonst schmelzen später Verunreinigungen in die Lötstellen), das Kaptonband entfernen.
Das Abkleben mit dem Kaptonband wiederholen und das Bauteil mit einem milden Flussmittel (nicht das Zeugs von Conrad etc. sondern hochwertiges nichtkorrosives Industrieflussmittel) fluten.
Mit einem fusselfreien Industrie-Vliestuch das überschüssige Flussmittel aufsaugen.
Die Platine auf der Rückseite (unter dem BGA) mit Kaptonband abkleben, dabei die BGA-Fläche aussparen und
eine Art Kasten erzeugen.
Jetzt starke Alufolie nehmen, mehfach falten und mit Kaptonband auf den vorgeklebten Kasten aufbringen, die
Folie muss auf allen Seiten mindestens 10 cm Schutz für
die umliegenden Bauteile und Kunststoffteile/Folien gewährleisten denn jetzt wird es zum erstem Mal richtig
warm.Die gleiche Prozedur muss auf der Oberseite rund um den BGA erfolgen.
Die natürlich vorhandene Heissluftunterheizung (kein Infrarotgerät) wird jetzt benötigt um die Leiterplatte unter dem BGA auf ca. 70-80° für ca. 2 Minuten aufzuheizen, das ebenfalls vorhandene (professionelle) Heissluftgerät für die SMD-Reparatur wird gleichzeitig
für die Oberseite benötigt um das Chipgehäuse auf ca.120°
zu erwärmen. Es wird Heissluft verwendet weil Infrarotgeräte während der Aufheizphase sehr lange brauchen um die Solltemperatur zu erreichen und dabei
gerne über das Ziel hinausschiessen um dann wieder einzuregeln.Diese Prozedur ist notwendig um den Chip und die Platine durchzutrocknen (wir haben ja vorher das Bauteil und die Leiterplatte mit Alkohol/und Flussmittel
getränkt), die Flüssigkeiten ziehen zu einem nicht geringen Teil in das Platinenmaterial ein (auch der BGA-Kern sitzt auf Leiterplattenmaterial) und würden beim
späteren Lötvorgang explosionsartig ausgasen, dabei entstehen Defekte in den Lötstellen und auch im Bauteil selbst.
Wenn die Flüssigkeit in den gasförmigen Zustand übergeht
vervielfacht sich das Volumen, das wirkt wie Sprengstoff.
Die Erwärmung auf 80° (auch Tempern oder Backen genannt) lässt die Flüssigkeit trocknen ohne das dabei schlagartig Gase entweichen, die Betonung liegt hier auf "trocknen", die Feuchtigkeit diffundiert dabei langsam aus dem Material auf die Oberflächen und trocknet ab.
Die Trocknung des Flussmittels ist ebenfalls eine Grundvoraussetzung um eine perfekte Lötung zu erreichen.
Die Lötung:
Wir nehmen nun unser professionelles BGA-Reworksystem
aus der Schublade, das besteht hier hauptsächlich aus
einem fokkusierten Infrarotstrahler für einige Tausend
Euro mit der für die Bauteilgrösse passenden Blendengrösse und dem natürlich vorher erstellten passenden Lötprofil für unser zu lötendes Bauteil.
Unterheizung drunter und die Temperatur auf die benötigten ca 120° auf der Leiterplattenoberseite einstellen (bei Heissluft sind das ca. 180° Lufttemperatur und 3-5 cm Abstand zur Platine) für ca.
1 Minute halten und dann für die Lötung auf 140-160° steigern.
Jetzt den vorher über dem Bauteil ausgerichteten IR-Strahler mit dem richtigen Profil starten und das
eingestellte Lötprofil durchlaufen lassen.
Das Profil läuft wie folgt ab:
Durch die Unterheizung wird die Leiterplatte vorgeheizt,
dabei werden die BGA-Balls und das Bauteil selbst zusätzlich zu der Platine langsam erwärmt.
Der zugeschaltete IR-Strahler heizt das vorgewärmte Bauteil und das Flussmittel schonend auf die Aktivierungstemperatur, dabei werden die sogenannten Aktivatoren ab ca. 100-120° aktiv und lösen dabei die vorhandenen Oxidschichten an den Balls und den Platinenoberflächen, gleichzeitig werden die Oberflächen
während der stetigen Erwärmung auf ca.200-220° durch eingebaute synthetische Harze gegen erneute Oxidbildung geschützt, ab 220-230° schmelzen die Lotkugeln langsam auf und werden bei der weiteren Erwärmung bis ca.250° für ca. 30-40 sec. über dem Schmelzpunkt gehalten.
Der IR-Strahler schaltet ab und die Unterheizung schaltet
auf Kühlung, nach ca. 2-3 Minuten ist die Platine soweit abgekühlt das man gefahrlos das Mainboard wieder hochnehmen kann.
Jetzt müssen wir nur noch den ganzen Klimbim wieder richtig zusammensetzen.
Fertig !!
Das ging doch schnell und einfach, oder?
Es ist aber seltsam das meine selbst reparierten Rechner schon jahrelang völlig problemlos laufen, die von HP "reparierten" Rechner den typischen Defekt aber schon nach 6-12 Monaten wieder zeigen.
Dabei muss man bedenken das die von mir instandgesetzten
BGA's schliesslich schon einen kompletten Lötvorgang hinter sich haben und nicht mit neuen Balls versehen wurden (das macht man im Allgemeinen so, man nimmt den Chip komplett runter, entfernt auf Chip und Platine das
alte Zinn und "reballt" den BGA mit neuen Lotkugeln, erst
dann wird er wie beschrieben neu aufgeschmolzen).
Das richtige Flussmittel und eine schonende Lötung können
die Zuverlässigkeit aber scheinbar wesentlich verbessern
obwohl man davon ausgeht das jeder Lötvorgang die Qualität der Lötstellen wegen sogenannter Lunker (kleine Löcher in der Metallstruktur) und Verlagerung/Ballung der Metallsorten in der Lötstelle pro Vorgang um ca.20%
verringert.
Wie schlecht müssen dann die originalen Lötungen auf dem
Mainboard gewesen sein ???
Wir lernen in unserer Produktion aus Fehlern, bei HP
scheint man aber nicht zwischen Ursache und Wirkung
unterscheiden zu können.
Holger Lehmkuhl